Fritz Fleer wäre 100 Jahre geworden
Sein Atelierhaus in Hamburg-Wohldorf ist jetzt Kulturdenkmal.
Zwei Ereignisse, die nicht nur für die Töchter des Bildhauers und ihre Familien besondere Bedeutung haben, sondern die auch die Öffentlichkeit betreffen und über die wir informieren wollen.
Fritz Fleer wurde am 21. November 1921 in Berlin geboren, machte dort sein Abitur und kam nach dem Krieg nach Hamburg. 1946 wurde er in die Landeskunstschule (heute: Hochschule für bildende Künste) aufgenommen, im Mai in die Klasse von Edwin Scharff. An der HfbK lernte er auch seine spätere Frau Erika kennen. Seit 1950, nach Beendigung des Studiums, war er freier Bildhauer. 1966 erhielt er den Edwin-Scharff-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg. Er war viele Jahre Vorstand des Berufsverbandes bildender Künstler*innen Hamburg und Mitbegründer der Lichtwark-Gesellschaft.
Seine Arbeiten im öffentlichen Raum und in Kirchen sind so zahlreich, dass hier nur wenige (und nur aus Hamburg) genannt werden können, Arbeiten, die vielen (nicht nur) Hamburgern bekannt sein werden.
In oder an den Hamburger Hauptkirchen: Die Eingangstür der St. Katharinen-Kirche, Dietrich Bonhoeffer-Denkmal an der St. Petri-Kirche, Nikolaustür, Kruzifix und Kanzel der St. Nikolai-Kirche, in der St. Jacobi-Kirche das Altarkreuz und in der Krypta von St. Michaelis das Relief „Der junge Jesus in Jerusalem“, in der Matthias-Claudius-Kirche in Wohldorf-Ohlstedt der Osterleuchter und ein aus Reliefs gebildetes Kreuz.
Im öffentlichen Raum: zwischen Lombards- und Kennedy-Brücke der „Jüngling mit Möwe“, bei Alsterrundfahrten von Stadtführern wegen seiner Nacktheit gern als „Opfer des Finanzamtes“ bezeichnet, auf den Grünflächen zwischen den Grindelhochhäusern der „Speerträger“, „Jonas im Wal“ auf dem Blankeneser Friedhof, „Der heilende Jesus“ vor dem Amalie-Sieveking-Krankenhaus in Volksdorf, „Stehender Jüngling“ am Museumsplatz in Harburg – erst kürzlich dort neu aufgestellt. Das archäologische Museum Harburg schrieb über Fritz Fleer: „Seine Arbeiten prägen bis heute das Hamburger Stadtbild.“
Fritz Fleer hat viele Bronzeplastiken, Reliefs und Portraits für private Auftraggeber geschaffen, die zum Teil auch in Ausstellungen zu sehen waren. „Der junge Athlet“ wurde als deutscher Beitrag für die Olympia-Kunstausstellung in Helsinki ausgewählt. Mit nahezu jährlichen Ausstellungen an verschiedenen Orten in Deutschland, und 1976 gemeinsam mit Horst Janssen in verschiedenen Städten der amerikanischen Ostküste, trat Fleer in die Öffentlichkeit.
Am 6. Juni 1997 starb Fritz Fleer. Seine Frau, die Fotografin Erika Fleer, begleitete seine Arbeit und dokumentierte sie fotografisch. Sie war im Privaten und in der Kunst seine Partnerin. Seine und ihre Arbeit gehörten zusammen.
Erika Fleer starb am 18. Dezember 2017. Sie hat „Haus und Hof“ bewahrt, keine Änderungen zugelassen.
Wir, die Familie mit Kindern, Enkeln und Urenkeln, nennen es „Das Haus des Bildhauers“, Alsterhöhe 10 in Hamburg–Wohldorf. 1962 von Architekt Otto Andersen, bekannt für seine Kirchenbauten, als Atelierhaus zum Leben und Arbeiten für die Familie von Erika und Fritz Fleer entworfen, ist es in die Jahre gekommen und seit Frühjahr 2021 Kulturdenkmal mit erheblichem Sanierungsbedarf.
Ein noch nicht 60-jähriges Haus ein Denkmal? Ja, wenn dessen Erhaltung wegen seiner geschichtlichen oder künstlerischen Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt – so sagt es das Denkmalschutzgesetz.
Dieses öffentliche Interesse ist etwas Abstraktes und schwer vorstellbar. Ein solches Haus ist ja kein öffentlich zugängliches Museum, die Öffentlichkeit ist wie bei jedem Privathaus ausgeschlossen.
Wir wollen gemeinwohlorientiert das öffentliche Interesse real werden lassen. Das Atelier und der Skulpturenpark, der mit zahlreichen Werken von Fritz Fleer im Garten entstanden ist, sollen wieder lebendig werden; lebendig dadurch, dass sie nach umfänglicher Sanierung geöffnet werden.
Dazu haben wir Konzepte entwickelt, die auch Kinder- und Jugendkultur betreffen und die wir bei einem kleinen Empfang zum 100. Geburtstag am 21.11.2021 vorgestellt haben.
Kinder, Enkel und Urenkel von Erika und Fritz Fleer haben sich einiges vorgenommen – mit Respekt vor dem, was die Eltern/Großeltern hinterlassen haben. Wir laden ein mitzumachen, die Chance zu nutzen, an der Umsetzung und Zukunft dieses Projektes teilzuhaben.
Thekla Müller-Fleer / Rembert Müller