Rundblick


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26. Februar 2021

Clevere Ideen in der Region

Wir bieten dem Lockdown die Stirn

Der Lockdown ist leider wieder verlängert worden, doch wer statt Amazon lieber die lokale Geschäftswelt unterstützen möchte, kann das hier im Dorf tun. Viele Unternehmen präsentieren ihr Angebot in sozialen Medien, bieten individuelle Abholzeiten oder einen Lieferservice an, beraten die Kundschaft per Telefon und E-Mail. Erfahren Sie mehr über kreative Ideen lokaler Geschäftsleute.

 

Gourmet-Manufaktur statt Restaurant

Wenn die Gäste nicht ins Restaurant kommen dürfen, dann müssen die Speisen eben zu ihnen nach Hause, dachte sich Sascha Basler schon im ersten Lockdown. Dem Gastronomen schwebte aber nicht die Form des x-ten To-Go-Services vor.
In seiner Osteria „Don Basili“ in Tangstedt waren handgemachte Pizzen bisher die Topseller, also tüftelte der 52-Jährige wochenlang an einer Tiefkühl-Variante.
Der örtliche Edeka-Markt der Familie Drews bot sich für die Testphase an – und die Resonanz überraschte alle. Nach einer Stunde waren alle 200 Pizzen ausverkauft – ob er bitte schnellstens für Nachschub sorgen könnte?

Sascha Basler konnte und wollte. Er investierte in Schockfroster und Verpackungsmaschinen und funktionierte den Gastraum in eine Gourmet-Manufaktur um. Mittlerweile werden die Erfolgspizzen bereits in 13 Geschäften verkauft, darunter in Edeka- sowie Famila-Märkten in Schleswig-Holstein und Hamburg, in der Markthalle Höbenköök in der HafenCity, sowie von einem niedersächsischen Unternehmen, das in 100 Dörfern zwischen Bremervörde und Bremen ausliefert.

Fünf Teilzeitkräfte produzieren pro Tag 250 Pizzen in acht Sorten mit ausschließlich hochwertigen Zutaten. Originaler Mozzarella, nea­politanisches Mehl, italienische Tomaten – der Anspruch des „Don“ an seine Produkte ist hoch. Konservierungsstoffe und Stabilisatoren – Fehlanzeige.

Seit kurzem hat er auch gefüllte Pasta in drei Sorten im Angebot, sowie Lasagne, die von einem Familienbetrieb in Bologna produziert wird. „Das ist authentische italienische Küche für den Restaurant-Genuss am heimischen Esstisch“, sagt Basler und fügt nachdenklich hinzu: „Ich wundere mich manchmal, welches Glück ich hatte. Es war wohl die richtige Idee zum richtigen Zeitpunkt. Wieder eine Lektion, nicht mit einer Situation zu hadern und abzuwarten, sondern neue Wege zu gehen.“

Im Tangstedter Edeka-Markt von Veronika Drews gibt es handgemachte Pizzen und Pasta von Don Basili.

Im Tangstedter Edeka-Markt von Veronika Drews gibt es handgemachte Pizzen und Pasta von Don Basili.

 

Deli-Charme nach Gutsküchen-Geschmack

Gerade ist Matthias Gfrörer als einer der ersten Köche vom Gourmet-Führer Guide Michelin mit einen „grünen Stern“ für nachhaltiges Arbeiten und Wirtschaften ausgezeichnet worden. „Ich habe mich riesig gefreut, konnte die Ehrung aber nicht richtig genießen, weil ich sie gerne mit meinen Gästen gefeiert hätte“, sagt der Gutsküchen-Inhaber. Doch er sieht die Corona-Zwangspause nicht als Fiasko an, sondern nutzt die Zeit für Ideen und Projekte. So eröffnete der 43-Jährige vergangenen Sommer im Anbau des Restaurants das neue Guts Deli. In dem ehemaligen Sägeraum von Gut Wulksfelde entstand ein uriges, kleines Kaffeehaus. Dort gibt es frisch gebackene Franzbrötchen, Waffeln und Kuchen, Tee- und Kaffeespezialitäten, aber auch herzhafte Bio-Snacks wie Suppen und Rindswürstchen – selbstverständlich zum Mitnehmen.

„Unser Handwerk lebt davon Menschen zu verwöhnen und das machen wir nach wie vor mit Leidenschaft“, versichert Matthias Gfrörer. In der Gutsküche werden zudem täglich fünf Klassiker als „Take away with love” zubereitet – von der Bouillabaisse über Schmorbraten bis zum vegetarischen Cocos-Curry – ohne Bestellung, einfach vorbeikommen und erstklassigen Gutsküchen-Geschmack mit nach Hause nehmen.

„Je länger die Pandemielage anhält, um so produktiver werden wir“, konstatiert der Spitzenkoch, dessen Mitarbeiter alle noch an Bord sind, obwohl finanzielle Hilfen auf sich warten lassen. Ganz neu ist eine feine Manufaktur hauseigener Produkte vom Aquavit über Senf bis zu Gewürzmischungen, die im neuen Guts Deli erhältlich sind – eine weitere, schmackhafte Art des To-Go-Trends.

Matthias Gfrörer präsentiert während der Pandemie sein neues Guts Deli.

Matthias Gfrörer präsentiert während der Pandemie sein neues Guts Deli.

 

LENZ Culinary Camping

Für sein Restaurant Lenz hat Leslie Himmelheber ein besonderes Motto gewählt: Aus Lockdown wird Lookup! Heißt: viel Kreativität in und außerhalb der Küche. Die hat es aktuell in die „Feinschmecker“-Liste der besten 500 Restaurants in Deutschland geschafft und gibt weiterhin Vollgas für ihre Gäste. Die ihrerseits aber auch. Sie reisen in ihrem eigenen Wohnmobil an und verspeisen corona-konform zum Beispiel die berühmte Vierländer-Lenz-Ente in ihren fahrbaren vier Wänden.

Das Dinner-Konzept ist denkbar einfach: telefonisch oder per Mail bestellen, vorfahren, servierfertige Speisen abholen, Parkplatz in der näheren Umgebung auswählen und leckere, heiße Gerichte genießen. Gourmet-Profis dekorieren die besondere Dinner-Location mit schönem Geschirr, passenden Servietten und Kerzen – ein unvergessliches Erlebnis.
Wer kein Wohnmobil zur Hand hat, greift auf die vorgegarte Entenvariante für zwei Personen mit Beilagen und Anleitung für die Gaumenfreude am häuslichen Esstisch zurück. Darüber hinaus stehen diverse Speisen wie Hühnerfrikassee, Kohlroulade oder Labskaus vakuumiert oder tiefgefroren zum Mitnehmen bereit und müssen lediglich zuhause erwärmt werden.

Für die „Planer“- als auch für die „Spontan“-Gourmets gibt es mittags von 12 bis 14 Uhr und abends von 18 bis 20 Uhr ein umfangreiches Außer-Haus-Angebot. Vom Süppchen über „Lenz“-Burger, Wiener Schnitzel und Skeifilet bis zum Kaiserschmarrn können Bestellungen jederzeit „heiß to go“ abgeholt werden.

Improvisation ist gefragt – das gilt auch für die Nutzung der Gastrobereiche. Die avancierten zum Delikatessen-Lager und sind jetzt mit köstlicher Feinkost gefüllt: Kaviar und Trüffelprodukte, italienische Wurstwaren, gegrillte Thunfischfilets und Räucheraal in Safran sind zu erwerben, ebenso wie echtes Gaues-Brot.

Eine Wohnmobil-Dinner–Idee von Leslie Himmelheber

Eine Wohnmobil-Dinner–Idee von Leslie Himmelheber

 

Aus der Box gezaubert

In Zeiten des Lockdowns muss im stationären Einzelhandel gezaubert werden. Und das haben Ulla Jahnke und Julia Hibbs getan. Mit „Simsalabim to go“ ging es im vergangenen Jahr los. „Wir posten täglich Bilder der Ware aus unserem Laden auf Instagram und Facebook. Oft dauert es nur wenige Minuten, bis eine Bestellung per WhatsApp, Email oder Telefon eingeht. Dann packen wir eine Tüte mit den schönen Wunschartikeln und stellen sie zur Abholung vor unserer Tür bereit – es gibt keinen direkten Kontakt und die Bezahlung erfolgt per Überweisung“, erklärt Ulla Jahnke.

Hunderte Tüten mit zauberhafter Kindermode haben die beiden Duvenstedterinnen seitdem zusammengestellt und damit viele kleine und große Kunden und Kundinnen glücklich gemacht.

Nun folgt die zweite „Zaubernummer“: „Wir sind an einen Restposten wunderschöner Kinderbekleidung mit Luxus-
Labels wie Bengh, Scotch R’belle, Scotch Shrunk oder Vingino gekommen, die wir zu Schnäppchenpreisen mit einem Rabatt von 50 bis 70 Prozent anbieten können“, freut sich Ulla Jahnke. Eigentlich wäre so eine Aktion Anlass für ein Riesenevent im Laden – die kreative, corona-konforme Lösung heißt: „Simsalabim@home“. Interessenten reservieren nach Kleidergrößen von 56 bis 176 sortierte Boxen, die mit rund 40 Teilen wie Shirts, Strickjacken, Hosen oder Schuhen bestückt werden.

Der Inhalt kann zuhause in Ruhe und mit Spaß anprobiert werden. Ist die Ausbeute getroffen, geht die Box kontaktlos zurück zu Simsalabim am Duvenstedter Kreisel, wird dort gründlich desinfiziert und ist abholbereit für den nächsten
„Schatzsucher“.

„Die Resonanz auf unsere Ideen ist riesig und das hat einiges abgefedert. Das Wichtige ist, dass wir aktiv und mit den Kunden in Kontakt bleiben“, bekräftigt Julia Hibbs.

Julia Hibbs (l.) und Ulla Jahnke mit ihrer Simsalabim-Box-Idee.

Julia Hibbs (l.) und Ulla Jahnke mit ihrer Simsalabim-Box-Idee.

Claudia Blume