Rundblick

27. April 2020

Dem Glück auf der Spur

Als Schulleiter produziert der Lemsahler Björn Lengwenus eine tägliche Late Night-Show und veröffentlichte vor Kurzem ein Ideenbuch zum Glücklichsein

„Mein Timing ist einfach perfekt“, resümiert Björn Lengwenus mit breitem Grinsen. Vor fünf Jahren brachte er ein Indoor-Spielebuch heraus, während draußen wochenlang Bilderbuchwetter um 30 Grad herrschte. Und zu Beginn der Corona-Krise kommt sein neues Jugendbuch „Glück“ auf den Markt, das menschliche Nähe propagiert. Doch Björn Lengwenus gewinnt selbst Widrigkeiten des Lebens das Beste ab. „Ein wenig Ruhe in unserer hochtechnisierten Welt ist wichtig. Und auch wenn sich viele Menschen einreden, in schwierigen Zeiten zu leben – das stimmt nicht. Wir leben in wahrhaft guten Zeiten, nur muss sich das jeder bewusst machen und dabei hilft, sein individuelles Glück zu definieren.“

Persönlich hat er das längst gefunden. Seit vier Jahren lebt der gebürtige Barmbeker mit seiner Frau und zwei Kindern in Lemsahl. „Die idyllische Kombination aus dörflicher Struktur und Natur ist überwältigend. Mit dem Kinderwagen durchs Wittmoor zu schieben, ist für mich pures Glück“, sagt der 48-Jährige.

Doch was ist Glück, wie findet man es und wie sorgt man dafür, dass es bei einem bleibt? Diesen Themen geht Björn Lengwenus in seinem Buch auf die Spur. Generalanleitungen gibt es nicht, deshalb lässt der Autor Raum zum Nachdenken und Platz für Notizen und lädt auf Ausfüllseiten ein, sich intensiv mit dem Glück auseinanderzusetzen. Es gibt Biografien beeindruckender Menschen, Fotos, Gedichte und Songtexte, sogar Rezepte für Riesenseifenblasen oder mit Komplimenten gespickte Glückskekse. Arrangiert sind die Seiten wie Instagram oder Pinterest, bunt und abwechslungsreich – es soll schließlich Spaß machen, das Glück zu finden.

Auf der Suche hilft er auch beruflich. Seit fünf Jahren ist der studierte Lehrer für Geografie und Religion Schulleiter der Grund- und Stadtteilschule Alter Teichweg in Dulsberg. Für 1600 Kinder und Jugendliche aus 86 Nationen, darunter viele Inklusionsschüler und 300 Eliteathleten, trägt Björn Lengwenus mit 250 Kollegen die pädagogische Verantwortung. Auf dem Lehrplan findet sich das Fach „LebensArt – die Kunst des Lebens“. „Schüler begreifen Mathe erst, wenn sie eine Vision vom Leben haben“, sagt der Rektor. Und dazu gehören Glücksmomente wie der Torschuss im Pokalspiel oder der Applaus auf der Theaterbühne. Björn Lengwenus schickt Schüler auf „Mission Impossible“ – in vier Tagen von Hamburg an die Ostsee, ohne Geld. Er verbringt 24 Stunden mit ganzen Klassen draußen, ohne Zelt, aber mit frisch gekochtem Apfelmus am Lagerfeuer. „Das ist Glück zum Schmecken und beim Anblick des Sternenhimmels hüpft das Herz.“

Und weil derzeit seine Schüler nicht zu ihm in die Schule kommen können, kommt der Schulleiter eben via Bildschirm zu ihnen nach Hause. Für die „Dulsberg Late Night Show“ wird die Aula zum Fernsehstudio. Hier wird täglich eineinhalb Stunden von TV-Profis der „Kulturagenten“ aufgezeichnet, was später in Filmen mit einer Länge von zehn bis 30 Minuten auf YouTube zu sehen sein ist. Schüler und Lehrer beteiligen sich interaktiv an der Show und werden per Skype dazu geschaltet. Sie schicken Videos und es gibt sogar Studiogäste wie Hamburgs Innensenator Andy Grote.
„Wir haben einen digitalen Pausenhof geschaffen, denn Schule ist mehr als Lernen. Hier trifft man Freunde, erfährt Neuigkeiten, bekommt Anerkennung und Aufmunterung – auch das gehört zum Glücklichsein.“

Claudia Blume