Natur & Umwelt

1. Dezember 2023

Die Grasnelke ist „Blume des Jahres 2024“

Für blütenreiche Magerrasen, Salzwiesen und städtische Gründächer

Die Grasnelke ist ein richtiges Multitalent: Sie verträgt sowohl magere als auch salzige oder mit Schwermetallen belastete Böden und ist eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten. Während ihrer langen Blütezeit von Mai bis Oktober liefert sie Nektar und Pollen für Wildbienen und Schmetterlinge wie den Grasnelken-Glasflügler. Doch obwohl sie auf Magerrasen, Salzwiesen, Schwermetallfluren sowie an Straßenrändern vorkommt, gehen ihre Bestände zurück. Mittlerweile steht sie auf der Vorwarnliste der Roten Liste gefährdeter Pflanzen. Die intensive Landwirtschaft, hohe Stickstoffeinträge, die zu intensive Pflege von Wegrändern und Grünflächen nehmen der Grasnelke und damit auch vielen Insekten und Vögeln ihre Lebensräume.
Mit der Wahl der Grasnelke (Armeria maritima) zur 45. „Blume des Jahres“ ruft die Loki Schmidt Stiftung zum Schutz heimischer Wildpflanzen und zum Erhalt blütenreicher Magerrasen und Salzwiesen auf. Zudem möchte sie jede*n dazu motivieren, die Grasnelke auf dem Balkon, im Garten oder auf einem Gründach zu pflanzen, um damit die Artenvielfalt zu fördern und einen Beitrag zum Überleben unserer Insektenwelt zu leisten.

Die Bekanntgabe der „Blume des Jahres 2024“ fand am 26. Oktober auf dem Gründach der DZ Hyp in der Hamburger Innenstadt statt. Stiftungs-Botschafter und Fernsehgärtner John Langley, Geschäftsführer Axel Jahn sowie Dr. Kristin Ludewig und André Palm, beide vom Projekt „Blume des Jahres“, stellten die neue Titelträgerin und ihre Lebensräume vor.
Axel Jahn:
„Wir müssen den Rückgang heimischer Wildpflanzen in unserer intensiv genutzten Landschaft endlich aufhalten. Die Nährstofffrachten aus Landwirtschaft und Industrie, die zu intensive Nutzung und Pflege bedrohen nicht nur die Grasnelke, sondern auch zahlreiche weitere Pflanzen- und Tierarten. Es ist wichtiger denn je, dass wir uns alle gemeinsam für die Förderung der Artenvielfalt einsetzen!“

Weder ein Gras noch eine Nelke:
Die Grasnelke ist ein Bleiwurzgewächs.
Der niedrige, polsterartige Wuchs mit schmalen und spitzen Blättern erinnert zu Recht an Gras, doch der Schein trügt. Schon ab Mitte Mai überzeugen zahlreiche aus dem Polster wachsende Blütenstände, dass es sich in der Tat um eine wunderschöne Wildblume handelt. Rosa- bis purpurfarbene Blütenköpfe mit mehreren Einzelblüten locken Schmetterlinge und Wildbienen aller Art an. Dieser Blüten- und Insektenreigen erstreckt sich bis tief in den Herbst hinein. Je nach Standort und Pflege erreicht der Blütenstand der Grasnelke eine Höhe von bis zu 30 cm. Die Merkmale der Pflanzenart weisen zwar insgesamt Ähnlichkeiten mit den Nelkengewächsen auf, tatsächlich handelt es sich hierbei aber um ein Bleiwurzgewächs (Plumbagina­ceae). Der Name der Pflanzenfamilie weist darauf hin, dass ihre Vertreter mit Böden zurechtkommen, die mit Schwermetallen belastet sind. Aber auch salzhaltige Böden, wie an der Nordseeküste, können besiedelt werden.

Zu hoher Stickstoffeintrag:
Viele Wildblumen stehen mittlerweile auf der Roten Liste.
Die Grasnelke verträgt Salz und Trockenheit, ist jedoch eine sehr konkurrenzschwache Pflanze. Dies hat zur Folge, dass sie hauptsächlich in durch Beweidung kurz gehaltenen Lebensräumen vorkommt. Wenn die Küstenrasen nicht beweidet werden, wenn Magerrasen brachfallen oder landwirtschaftliche Flächen zu häufig gedüngt werden, dominieren dort wüchsige Gräser wie die Strand-Quecke. In diesen Fällen wird die Grasnelke verdrängt. Da dies in unserer Landschaft großflächig passiert, steht die Art Armeria maritima auf der Vorwarnliste der Roten Liste Deutschlands (Quelle: FloraWeb des Bundesamtes für Naturschutz). Laut Bundesamt für Naturschutz werden die hohen Nährstoffeinträge in die Umwelt bei der Hälfte der in Deutschland gefährdeten Pflanzenarten als wesentliche Ursache für den Bestandsrückgang verantwortlich gemacht.

Gründächer sind wichtig für Pflanzen- und Tierarten – und für das städtische Klima!
Gerade in größeren Städten sind Grünflächen knapp bemessen und stehen unter starkem Nutzungs- und Erholungsdruck durch den Menschen. Zusätzlich sind die Auswirkungen von extremen Wetter­ereignissen in hoch versiegelten Ballungsräumen stärker zu spüren, belasten das Stadtklima und somit auch unser Wohlbefinden. Starkregen führt häufiger zu Überschwemmungen. Hitzephasen mit Trockenheit werden durch Asphalt und Beton verstärkt und können gesundheitsgefährdend sein. Gründächer erweisen sich als effektive Gegenmaßnahme: Regenwasser wird wie in einem Schwamm zurückgehalten, langsam verdunstendes Wasser kühlt die Umgebung deutlich merkbar ab. Viele Pflanzenarten der Mager- und Trockenrasen, dazu gehört auch die Grasnelke, können hoch über unseren Köpfen einen weitgehend ungestörten Ersatzlebensraum finden und dort für zahlreiche Insekten- und Vogelarten eine wichtige Lebensgrundlage bieten.

Dr. Kristin Ludewig und André Palm,
Loki Schmidt Stiftung