Kolumne

25. Februar 2022

Aus Alt mach’ Neu

Die Wiederbelebung der Fernsehshows

Zappt man heutzutage abends durch die Fernsehprogramme, fühlt man sich wie zurückversetzt in alte Zeiten. Plötzlich gibt es sie wieder, die beliebten Fernsehshows von früher. Eingestellte Produktionen wie „Wetten, dass?”, „TV Total” und „Geh aufs Ganze” erscheinen wieder auf dem Bildschirm. Teilweise mit den bekannten Moderatoren wie Thomas Gottschalk von „Wetten, dass?”, aber auch mit neuen Gesichtern wie Sebastian Pufpaff von „TV Total”. Die geliebten Shows von früher werden wieder aufgewärmt. Aber ist das nötig? Reichen nicht neue Fernsehshows?

Aufwärmen ist ein eher negativer Begriff – nur Gulasch schmeckt aufgewärmt besser. Nennen wir es lieber ein Wiederbeleben. Beim Versagen der Vitalwerte eines Menschen wird sofort die Wiederbelebung eingeleitet. Braucht man also auch eine Wiederbelebung für Fernsehshows? Sollte man eine Show wieder ins Leben rufen, obwohl ihre Vitalwerte wie Einschaltquote und Werbeeinnahmen damals zum Erliegen gekommen sind? Medizinisch gesehen macht das Sinn, denn fehlende Vitalwerte sind kein deutliches Todeszeichen und veranlassen eben eine Wiederbelebung.

Also, für einen Neustart einmal Titel, Moderator und Konzept wieder rauskramen und einen Platz zur beliebten 20:15 Uhr-Sendezeit ergattern. Warum glauben die Fernsehmacher an die alten Shows, wenn sich der Mensch doch immer nach etwas Neuem sehnt und in der heutigen Konsumgesellschaft schnell gelangweilt ist? Der Spruch „Früher war alles besser” gibt hier Antwort. Besonders Shows wie „Wetten, dass?” erwecken ein ersehntes Gemeinschaftsgefühl bei vielen Menschen. Sie erinnern an die Samstagabende, als sich die ganze Familie vor dem Fernseher versammelte und bei jeder Wette mit den Augen am Bildschirm klebte. Zu der Zeit war alles besser, es gab kein Corona und man konnte sorglos beisammen sein und spektakuläre Wetten schauen. Diese Gedanken teilen viele Menschen, weil in den vergangenen zwei Jahren das Gemeinschaftsgefühl unter der Pandemie sehr gelitten hat.

So kommt es, dass die Einschaltquote der ersten Comeback-Sendung von „Wetten, dass?” viel höher war als erwartet. Also wurde schnell für 2022 und 2023 jeweils eine weitere Sendung im alten Stil geplant. „TV Total”, die ehemalige Sendung von Stefan Raab, wird nun von Sebastian Pufpaff moderiert. Einige freut der frische Wind durch den Kabarettisten, andere sind weniger begeistert mit der Neuauflage der Show. Denn Moderatoren prägen eine Sendung ganz besonders und gewinnen die Empathie der Zuschauer. Wird auf einmal das beliebte und bekannte Gesicht ausgetauscht, kann das zu viel Veränderung sein. Bei der Rate- und Zock-Show „Geh aufs Ganze” wurde deshalb ein Kompromiss eingegangen. Die Comeback-Folgen werden vom damaligen und beliebten Moderatoren Jörg Draeger moderiert. Allerdings bekommt er Unterstützung vom neuen Co-Moderator Daniel
Boschmann. Somit ist das Altbekannte geblieben, aber auch jüngere Generationen haben Spaß an der Sendung.

Fazit: Ein Wiederbeleben alter Fernsehshows weckt bei vielen Zuschauern das Gefühl eines gemütlichen Zusammenseins mit der Familie und bringt Großeltern, Kinder und Enkel wieder gemeinsam vor den Fernseher. Das schaffen viele neue Produktionen nicht, weil sie oft nur eine Altersgruppe ansprechen. Außerdem schadet einmal im Jahr ein gemeinsamer Wettabend vor dem Fernseher niemandem und kann im Gegenteil ein willkommenes Familienevent werden. Natürlich müssen neue Sendungen auch sein, denn die Welt lebt bekanntlich von Fortschritt und Innovation. Ein wenig in Nostalgie zu schwelgen, ist für die Reflexion aber genauso wichtig :)

Allegra Tiedemann