Rundblick

9. Dezember 2020

Hanseatische Weihnachtsgans von der Weide

Hof Lemsahl setzt konsequent auf Bio-Qualität
Schon von Weitem sind sie zu hören. Lautes Geschnatter und trompetenartige Rufe kommen aus der Rundbogenhalle hinter dem Reetdachhaus. Eindringlich fordern 190 Gänse ihren täglichen Freigang – bis zur verordneten Stallpflicht wegen der aktuell grassierenden Vogelgrippe. Maurice Blank öffnet das Tor und die Tiere stürmen als große, weiße Wolke auf die Weide, fressen, nehmen ein Bad und pflegen ihr Gefieder. Ein Leben im hanseatischen Gänseparadies – zumindest bis kurz vor Weihnachten. „Artgerechte Aufzucht und Haltung sowie Bio-Futter sind wichtig, um hochwertige Produkte anbieten zu können“, sagt der Agraringenieur, der seit 2015 im Redderbarg 15 den Hof Lemsahl betreibt. Zunächst hatte er sich dem Gemüseanbau verschrieben; nur für den eigenen Bedarf zog mit 50 Hühnern das erste Federvieh ein. Doch Nachbarn, Freunde und Kunden zeigten schnell Interesse und so wuchs die tierische Hofgemeinschaft auf Zeit von Jahr zu Jahr. Aktuell bevölkern 450 Hühner, 120 Enten, 190 Gänse und vier Rinder das Gelände. Auf 35 Hektar baut Blank Futtergetreide an, Kartoffeln, Kürbisse, diverse Gemüsesorten, Tomaten, Kräuter, im Sommer sogar Erdbeeren – alles im Selbstbedienungsverkauf und im Hofladen zu haben.
Der 34-Jährige setzt konsequent auf ökologischen Landbau, Direktverkauf und Kundenkontakt. „Wo noch steht der Landwirt im Laden oder macht mit Besuchern Hofrundgänge?“, fragt Blank, der sich nach einem arbeitsintensiven Alltag gern mit Yoga entspannt.
Wohlbefinden steht auch für seine Tiere auf dem Programm. Im Mai bekommt Blank, der in Lemsahl aufwuchs, die Gänseküken aus einer Bio-Brüterei in Sachsen. Anfangs müssen die gelben Federbälle alle drei Stunden kontrolliert werden – auch nachts. Da ist es von Vorteil, dass Blanks Bett nur rund 15 Meter vom Stall entfernt steht. Nach etwa sechs Wochen geht es aus dem fuchs-, marder- und greifvogelsicheren Quartier auf die Weide. „Gänse brauchen Gras und Bewegung, damit sie nicht depressiv werden“, weiß der Bio-Bauer, der sich auch um einige Sorgenkinder mit Beinverletzungen kümmert, denen auf anderen Höfen schon längst der Hals umgedreht worden wäre. Damit sie nicht von der Herde überrannt werden, gibt es für sie ein separates Areal.

„Alle Tiere haben ein gutes Leben gehabt. Ich kann sie mit gutem Gewissen zum Schlachter bringen“, versichert Blank. Drei bis 5,5 Kilo bringen die künftigen Weihnachtsbraten auf die Waage – Bestellungen sind noch möglich. Und dann hat Maurice Blank noch einen Gourmet-Tipp: Gans vom Grill. Geschmacklich könne es das Fleisch locker mit dem vom Rind aufnehmen. Balten schwören darauf und genießen sogar ganzjährig Gänsefleisch – vielleicht kommen die Hamburger auch auf den Geschmack.

Claudia Blume