7.500 Tiere gerettet
NABU-Bilanz zur Amphibienwanderung 2025

Das Wandern ist der Kröte Lust.
Bestandsentwicklung gibt in mehreren Gebieten Anlass zur Sorge – Amphibien sind durch mehrere Faktoren gefährdet. Viele Wildtiere sterben alljährlich durch den Straßenverkehr. Besonders gefährdet sind die Amphibien, also Frösche, Kröten und Molche, wenn sie im Frühjahr zu ihren traditionellen Laichgewässern wandern. An insgesamt 15 Straßen wurden daher im vergangenen Frühjahr Amphibienschutzzäune durch den NABU Hamburg betreut. Die Auswertung ergab nun: 7.472 Amphibien wurden an den Zäunen von Ehrenamtlichen gesammelt und sicher über die Straßen getragen. Dabei konnten an einzelnen Schutzzäunen, so im Bereich des Jenischparks und im Niendorfer Gehege, trotz ungünstiger Bedingungen durch die anhaltende Frühjahrstrockenheit sogar mehr Amphibien als im Vorjahr gerettet werden. Dies betraf vor allem Hamburgs häufigste Amphibienart, die Erdkröte. Demgegenüber stehen allerdings negative Entwicklungen in anderen Gebieten, wo sich der seit Jahren anhaltende Rückgang der Amphibien in besorgniserregender Weise fortsetzte. In Bergedorf am Dweerlandweg brach seit dem Jahr 2020 die Zahl der am Schutzzaun festgestellten Amphibien von 1.900 auf aktuell 127 ein. Am Schutzzaun in Schnelsen sank die Zahl im selben Zeitraum von 2.564 auf 995 wandernde Amphibien, im Göhlbachtal in Harburg von 314 Amphibien auf gerade noch 23. „Es ist zu befürchten, dass die Amphibien in manchen Gebieten Hamburgs bald ganz verschwinden, wenn sich der negative Trend nicht ändert“, so Irm Hermans-Borgmeyer aus der NABU-Fachgruppe Amphibien und Reptilien, welche die Daten auswertete.
Besonderen Grund zur Sorge gibt die Entwicklung beim Grasfrosch: Gegenüber dem Jahr 2020 halbierte sich die Zahl an den vom NABU betreuten Schutzzäunen. Der Grasfrosch ist in Hamburg inzwischen – wie fast alle Amphibienarten – gefährdet.
Gründe für die Bestandsrückgänge sind vielfältig
Amphibien leiden seit Jahren unter Lebensraumverlusten durch immer neue Baugebiete und der Zerschneidung der Landschaften durch den Ausbau des Straßennetzes. Besonders gefährdet sind Amphibien auch durch den Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. In jüngerer Zeit kommen die zunehmenden Trockenperioden gerade im Frühjahr als Bedrohung hinzu. Im Jahr 2025 war nach extrem geringen Niederschlägen von Februar bis April wieder zu beobachten, dass mehrere Laichgewässer im Hamburger Raum sehr niedrige Wasserstände aufwiesen oder sogar ganz austrockneten, wodurch der Amphibien-Nachwuchs vernichtet wurde.Die Auswirkungen solcher Trockenperioden werden vielerorts durch die Entwässerung der Landschaft künstlich verschärft. Selbst in manchen Hamburger Schutzgebieten sorgen ausgedehnte Grabennetze weiter dafür, dass Niederschläge so schnell wie möglich abgeführt werden. „Die zunehmend ungleiche Verteilung der Niederschläge macht dringend ein Umdenken notwendig, wie wir mit dem Wasser in der Landschaft umgehen“, fordert Frederik Schawaller, Moorschutz-Referent beim NABU Hamburg. „Die Niederschläge, gerade die ergiebigen Winterniederschläge, müssen, wo immer möglich, in den Gebieten zurückgehalten werden, um einen Puffer für Trockenperioden zu bewahren. Nur so lassen sich langfristig die Lebensräume vieler Amphibien und zahlreicher anderer Arten erhalten.“

Ausgetrockneter Graben im Naturschutzgebiet Moorgürtel
Handlungsbedarf besteht auch weiter dabei, die Verluste von Amphibien an Straßen zu verringern. Mit den mobilen Schutzzäunen können Amphibien meist nur im begrenzten, wenngleich entscheidenden Zeitraum während ihrer Wanderung zu den Laichgewässern geschützt werden. Bereits die täglichen Kontrollen der Zäune in dieser Zeit über mehrere Wochen hinweg bilden einen Kraftakt, der nur durch großen ehrenamtlichen Einsatz zu stemmen ist. Es wäre jedoch vielerorts möglich, die Zäune durch feste Amphibien-Leitsysteme mit kleinen Durchlässen zu ersetzen, welche den Amphibien und anderen Kleintieren ganzjährig und beidseitig eine gefahrlose Straßen-Querung erlauben würden. Bisher existieren nur sehr wenige solcher Anlagen. Am Bergedorfer Dweerlandweg wurde aufgrund der erwarteten Verkehrszunahme durch die Erweiterung der JVA Billwerder ein Amphibien-Leitsystem zugesagt, welches voraussichtlich bis zum Jahr 2021 realisiert werden sollte. Doch während die Zahl der Amphibien dort seitdem massiv zurückging, fehlt das Leitsystem bis heute. Die Maßnahme muss unbedingt zeitnah umgesetzt werden, bevor es für die Amphibien zu spät ist. „Der Artenschwund hat in Deutschland neben den Insekten und Vögeln längst auch die Amphibien erfasst“, fasst Malte Siegert zusammen, erster Vorsitzender des NABU Hamburg. „Leichtfertige Eingriffe in Gebiete, die für ihren Erhalt wichtig sind, müssen endlich der Vergangenheit angehören.“
Frederik Schawaller