Kultur & Unterhaltung

19. Januar 2022

Heimkino 6

Für den lauschigen Sommerfilmabend (mit Leinwand, Beamer und kühlem Hellen) oder für den regnerischen Kuscheltag (trotz Sommermonat in Wollsocken und mit Rotweinglas) darf es an Film- und Serienvorrat nicht fehlen. Ein paar Empfehlungen:

 

 

Maurice aus dem Jahr 1987 ist ein wunderbarer Liebesfilm, adaptiert von E.M. Forsters gleichnamigem Roman, der 1971 postum veröffentlicht wurde. E.M. Forster ist vor allem für seine Bücher Auf der Suche nach Indien (1924), Zimmer mit Aussicht (1908) und Wiedersehen in Howards End (1910) bekannt. Die beiden letzteren Romane wurden auf wunderbare Weise von demselben feinfühligen Regisseur verfilmt wie Maurice: James Ivory, welcher darüber hinaus außerdem für sein adaptiertes Drehbuch für Call Me by Your Name bekannt ist (dafür gab es 2018 sogar den Oscar). Maurice erzählt die Lebens- und Liebesgeschichte des Titelhelden im frühen 20. Jahrhundert. Maurice (James Wilby), Sohn einer reichen aristokratischen Familie, verliebt sich an der Universität in Clive (Hugh Grant), welcher ebenso tief für seinen Kommilitonen empfindet und ihm bald seine Gefühle gesteht. Doch steht die Edwardische Gesellschaft dem offenen Eingeständnis und dem ehrlichen Ausleben ihrer Liebe im Weg. Bald macht auch der junge Scudder (Rupert Graves) Maurice den Hof und beeindruckt durch seine Offenheit und ansteckende Unverblümtheit. Diesen wundervollen und vor allem für seine Zeit bahnbrechenden Film lege ich allen Fans von gefühlvollen Literaturverfilmungen wie A Single Man (2009), Zimmer mit Aussicht (1985), Wiedersehen mit Brideshead (1981/2008) und Am Grünen Rand der Welt (2015) ans Herz. Maurice ist im Prime Abo enthalten.

 

 

In der ARD-Mediathek können Sie eine Mockumentary im Stromberg-Stil finden: How to Tatort begleitet das neue Bremer Tatort-Schauspielerteam bestehend aus Jasna Fritzi Bauer, Dar Salim und Luise Wolfram auf ihrem Weg zum Tatort-Ruhm. Die kurz-knackigen sechs Folgen, die Radio Bremen zum Anlass des 50. Tatort-Jubiläum produzierte, sind jeweils circa 15 Minuten lang und lassen sich entsprechend entspannt wegsnacken und genießen. Schon allein die Idee einer parodistischen Fake-Dokumentation über peinliche Teambildungsmaßnahmen und die Hintergründe des urdeutschen sonntäglichen Fernsehevents ist herrlich. Gepaart mit dem sympathischen, humorbegabten neuen Team und einer gehörigen Prise Selbstironie, sowohl der Schauspieler als auch der ganzen Tatort-Franchise und deutschen öffentlich-rechtlichen Filmindustrie, wird die Miniserie zu einem ehrlich unterhaltsamen Zeitvertreib. 

 

 

Bei Netflix können Sie sich die südkoreanische Mystery-Serie Unheimliche Gegner von 2020 anschauen, welche bereits für eine zweite Staffel verlängert wurde. Die 16 Folgen der ersten Staffel drehen sich um den verwaisten Schüler So Mun (Jo Byeong-gyu), der von einer Gruppe paranormaler Ordnungshüter, die gemeinsam ein Nudelrestaurant leiten, rekrutiert wird. Die Bund aus sympathischen, übernatürlich begabten Außenseitern jagt böse, dem Jenseits entkommene Geister. Nebenbei muss sich So Mun auch mit Mobbing an der Schule auseinandersetzen, erfährt aber stets die treue Unterstützung seiner besten Freunde Woong-min und Joo-yeon sowie seines neuen Teams. Unheimliche Gegner ist eine spannende, teils lustige und vor allem stets bewegende Abenteuergeschichte mit viel Fantasie und Herz, die ich allen Fans von Harry Potter, Mystic Pop-Up Bar (ebenfalls bei Netflix zu finden), Grimm und iZombie empfehle.

 

 

Derry Girls ist eine urkomische nordirische Sitcom aus dem Jahr 2019, die sich um eine Gruppe von Schüler:innen und ihre alltäglichen Abenteuer in den 1990ern dreht. Die titelgebende Stadt Derry, der Heimatort der Gruppe, ist katholisch geprägt und liegt zur Zeit der Handlung im Mittelpunkt der Troubles, also des Nordirlandkonflikts zwischen Protestanten und Katholiken – ein Umstand, der überraschenderweise eine grandiose Basis für ziemlich viele Lacher bildet. Die Serie begleitet die Derry Girls bei eskalierenden Schulausflügen, bei verzweifelten Versuchen ein Konzert von Take That trotz des Zooausbruchs eines Bären zu besuchen, bei Aerobic-Schulauftritten, bei misslungenen Flirtversuchen mit Protestanten und ukrainischen Austauschschülern. Erin (Saoirse-Monica Jackson), die ehrgeizige Möchtegernliteratin und Protagonistin der Serie, lebt mit ihrer streng-liebevollen Mutter, ihrem stets überstimmten und wohlmeinenden irischem Vater, ihrer kleinen Babyschwester, ihrem charismatischem Großvater (dargestellt von dem nordirischen Klasseschauspieler Ian McElhinney, der vielen Zuschauern aus The Fall, Game of Thrones oder The Tudors bekannt sein dürfte), ihrer begriffsstutzigen Tante und ihrer exzentrischen Cousine Orla (Louisa Harland) zusammen. Zur zentralen Gruppe gehören neben Orla und Erin noch die vulgäre Michelle (Jamie-Lee O’Donnell), die ihre Freund:innen immerzu in Schwierigkeiten bringt, und die gütige, intelligente, aber immerzu überstresste Clare (Nicola Coughlan, unter anderem auch bekannt als absolute Sympathieträgerin in Bridgerton). Zum Beginn der Serie wechselt Michelles zurückhaltender englischer Cousin James (Dylan Llewellyn) auf die Mädchenschule, die sie alle besuchen, und findet nach einigen Anlaufschwierigkeiten seinen Platz in der Gruppe. Derry Girls, eine Serie für Fans von The Inbetweeners, IT Crowd, Crashing und Fleabag finden Sie bei Netflix. Eine dritte Staffel ist bereits in Arbeit und zumindest ich für meinen Teil freue mich schon sehr darauf. 

 

 

Bei Prime Video finden sie die charmante Actionkomödienserie Chuck (2007-2012). Der liebenswerte Titelheld (Zachary Levi, unter anderem auch bekannt aus und als Shazam!) arbeitet mit seinem besten Freund Morgan (Joshua Gomez) als Computerfachmann in einem Elektromarkt und verbringt seine Freizeit mit Computerspielen. Als er eines Tages eine E-Mail von seinem ehemaligen Stanford-Kommilitonen bekommt, der Jahre zuvor der Grund für Chucks erzwungene Exmatrikulation war, ändert sich Chucks Leben schlagartig: eine streng geheime Datenbank der Geheimdienste wird auf sein Gehirn geladen – danach wird das Original gelöscht. Nun ist Chuck die einzige Informationsquelle, weswegen ihm die zwei Topagenten der Regierung an die Seite gestellt werden: Sarah Walker (die grandiose Yvonne Strahovski, hier in einer sehr anderen Rolle als in The Handmaid’s Tale) und John Casey (Adam Baldwin, bekannt aus Firefly) gehen in Chucks Umgebung undercover und nehmen ihn von nun an mit auf ihre Einsätze. Das Cast harmoniert wunderbar, die Actionsequenzen sind gelungen und weder Humor noch Herz kommen zu kurz. Falls Sie Burn Notice, White Collar und Alex Rider mochten, sollten Sie dieser oft unterschätzten Serie auf jeden Fall auch eine Chance geben.