Kolumne

17. Januar 2022

Vorweihnachtszeit gleich Vorabizeit

Das Jahr ist fast schon wieder um und die Weihnachtszeit steht vor der Tür. In den Supermärkten gibt es schon lange alle möglichen Weihnachtsleckereien wie Dominosteine, Spekulatius und Zimtsterne. Die erste Weihnachtsdeko wird aus den Kartons geholt und vereinzelt sieht man schon Lichterketten und Kränze an den Häusern funkeln. Früher als Kind war diese Zeit des Jahres so besonders und die Wochen bis Heiligabend fühlten sich endlos lang an. Man ist jeden Tag gern in den Kindergarten oder in die Grundschule gegangen, denn es standen immer so viele tolle Unternehmungen an. Was hat man nicht alles gemacht: unzählige Weihnachtsmannbilder gemalt, Wunschlisten geschrieben, Tannenbaumschmuck gebastelt, Kekse gebacken, Kinderpunsch getrunken und natürlich Weihnachtslieder gesungen. Nicht zu vergessen das sorgfältige Stiefelputzen und das aufgeregte Aufwachen am 7. Dezember, wenn der Nikolaus die Schuhe gefüllt hatte.

Leider muss ich feststellen, dass bei mir dieser Weihnachtszauber über die Jahre nach und nach zu kurz kommt. Die Wochen fliegen unter dem Stress der Schule nur so dahin und ich genieße die Zeit gar nicht mehr so wirklich. Man ist mehr mit Schulaufgaben und Lernen beschäftigt, als mit Weihnachtsmärchenlesen und Schlittschuhfahren (naja, klammern wir Schlittschuhlaufen mal aus, denn im regnerischen Hamburg ist das im Normalfall ja nur auf künstlichen Eisbahnen und nicht auf Naturseen möglich).

Bin ich früher um diese Zeit zum Laternebasteln in die Schule gegangen, gehe ich heute dorthin, um sechs Stunden lang mein Mathe-Vorabitur zu schreiben und an den vielen Rechnungen zu verzweifeln. Das ist ganz schön deprimierend. Wie schön wäre es, mal wieder einen Tag in die Schule zu gehen und mit der ganzen Klasse Weihnachtskarten zu basteln und Kekse zu futtern, während „Kevin allein zu Haus“, „Aschenbrödel“ oder „Der Grinch“ auf dem Smartboard läuft. Ich denke, auch die Lehrer hätten nichts dagegen. Stattdessen wird eine Klausur nach der anderen geschrieben und die Nachmittage verbringt man mit Lernen für drei Vorabiklausuren, die einen auf das Abitur vorbereiten. Zumindest muss ich aber nicht mehr die schwierigen Origamisterne basteln, die bei mir nie was geworden sind, aber komischerweise bei den anderen immer perfekt aussahen. Und der Punsch darf mittlerweile auch einen kleinen Schuss vertragen ;)

Unter dem ganzen Stress sollte das Weihnachtsfeeling dennoch nicht zu kurz kommen und man muss sich bewusst Zeit freischaufeln, denn sonst ist auch der Weihnachtsmann enttäuscht, wenn seine „Time-to-shine“ gar nicht wertgeschätzt wird. Ich finde, wenn man sich mal an einem Nachmittag Zeit nimmt, um mit der Familie Plätzchen zu backen oder einen Weihnachtsspaziergang mit dem Hund zu machen, schätzt man diese Momente sehr viel mehr wert und nimmt sie viel intensiver wahr, weil man weiß, dass diese Zeit neben der ganzen Arbeit besonders und bedeutend ist.

Irgendwann ist auch ein Lichtblick zu sehen und alle Klausuren werden geschafft sein. Spätestens in den Weihnachtsferien wird man endlich Zeit haben, komplett abzuschalten und alle möglichen Weihnachtsaktivitäten zu unternehmen, um den alten Weihnachtszauber zu erleben – bis zum ersten Januar, an dem man frisch ins neue Jahr startet und elf Monate später eine neue Weihnachtszeit auf einen wartet. :)

Allegra Tiedemann