Heimkino

14. Mai 2024

Heim Kino

AnnekeSchewe – Heimkinotipps

Annekes (Ent-)Spannungstipps

Hach, es frühlingt so schön! Da wir in Norddeutschland aber immer auch mal mit erneuten Grau- und Regenstunden rechnen, hier ein paar Tipps, die Ihnen diese im Heimkino eventuell versüßen könnten.

Von Resident Alien ist nun die erste Staffel bei Netflix angekommen (und sicher folgen demnächst die zweite und dritte). Die schräge US-amerikanische Sci-Fi-Comedy-Serie, welche 2021 Premiere feierte und auf den gleichnamigen Comics basiert, erzählt die Geschichte eines Aliens, welches mit dem Auftrag, die Menschheit auszulöschen, auf der Erde bruchlandet. Dort tötet es und übernimmt die Identität von Harry Vanderspiegle (Alan Tudyk, bekannt aus Firefly, Todeszug nach Yuma und Sterben für Anfänger), um unentdeckt sein Raumschiff und die massenmörderische Waffe zu reparieren. Da aber zeitgleich der beliebte Hausarzt der Kleinstadt Patience, in der das Alien landet, stirbt und Harry ein Arzt im Urlaub ist, wird nach Harry als vertretender Arzt verlangt – und das Harry mimende Alien muss gezwungenermaßen mehr mit den Menschen interagieren als ihm zunächst lieb ist. Ohne Zynismus und mit viel Humor erzählt diese herzliche Serie ihre situationskomischen Momente, wenn ein Alien versucht, sich an menschliche Handlungsweisen anzupassen und dabei aus Versehen Freundschaften schließt. Dank Alan Tudyks spaßigem Schauspiel sowie dem charmanten Drehbuch wird aus dem mörderischen und überheblichen Alien schnell ein unbeholfener, emotional verwirrter und im Kern irgendwie niedlicher Charakter. Der Rest des Casts ist wunderbar und harmoniert unaufgesetzt grandios miteinander. Dazu gehören die aufgeschlossene medizinische Assistentin des Kleinstadtarztes Asta Twelvetrees (Sara Tomko), mit der sich „Harry“ schnell anfreundet, Astas beste Freundin D’Arcy Bloom (Alice Wetterlund), die früher vor einem Unfall Olympiasportlerin war, nun als Barkeeperin arbeitet, und sich in „Harry“ verknallt, der überhebliche aber eigentlich unsichere Sheriff Mike Thompson (Corey Reynolds), die Deputy Sheriff Liv Baker (Elizabeth Bowen), die vom Sheriff wenig Respekt erfährt, sich aber lernt durchzusetzen, und die präpubertären Freund*innen Max (Judah Prehn) und Sahar (Gracelyn Awad Rinke), die sich, da Max der einzige Charakter ist, der „Harry“s Verkleidung durchschaut, dem Alien an die Fersen heften. Falls sie charmant-schräge Komödien mit Fantasy-/Sci-Fi-Elementen mögen, wie iZombie, Eureka, Pushing Daisies, People of Earth oder The Good Place, sollten Sie sich dringend diese schöne Serie ansehen.

Bleiben wir bei Sci-Fi, wenn auch ein bisschen anders: Mit The Creator zeigt Disney+ einen tollen, spannenden und gefühlvollen Film über künstliche Intelligenz und was es bedeutet, Mensch zu sein. Im Westen ist KI seit dem Abwurf einer Atombombe durch eine KI streng verboten. Neu-Asien verwehrt sich einem solchen Gebot, denn künstliche Intelligenzen leben hier gleichberechtigt unter den Menschen. Deswegen wird Neu-Asien zum neuen Feindbild westlicher Militärs. Um den Krieg zu gewinnen und den „Schöpfer“ der KI zu besiegen, schleust der Westen Joshua (John David Washington) in eine Gruppe von KI-Sympathisant*innen ein. Jedoch verliebt Joshua sich in die Tochter des „Schöpfers“, die bald schwanger wird. Während eines Angriffs durch seine eigenen Landsleute sterben seine Geliebte sowie sein ungeborenes Kind. Joshua verliert Teile seiner Erinnerung. Jahre später wird er auf eine Waffe angesetzt, die angeblich dazu kreiert wurde, die mächtigste Kampfstation des herrschenden Westens zu besiegen – und trifft auf eine kindliche KI. Falls Sie die anderen Werke des Regisseurs Gareth Edwards (wie Rogue One: A Star Wars Story und Godzilla) und philosophisch angehauchte Sci-Fi-Filme wie Ex Machina, Arrival oder I, Robot mögen, schauen Sie unbedingt auch diesen Film!

Die britische Krimikomödienserie The Outlaws handelt von einer Gruppe von Menschen, denen in Bristol gerichtlich Sozialarbeit auferlegt wurde. Unter ihnen: eine Fashion-Influencerin, ein rechtskonservativer Geschäftsmann, eine linksliberale Aktivistin, eine Oxford-Stipendiatin mit Kleptomanieproblem und ein junger Sicherheitsmann, der für seine kleine Schwester sorgt. Trotz einiger Anlaufschwierigkeiten nähern sich die sehr unterschiedlichen Leute an und bald verlangen die verschiedenen Probleme, mit denen sie sich konfrontiert sehen, die Zusammenarbeit der Gruppe. Stephen Merchant, der in der Serie den unbeholfenen, frisch geschiedenen und straffällig gewordenen Anwalt Greg spielt, ist unter anderem für die Kreierung der Erfolgsserie The Office und Filme wie Fighting With My Family bekannt. Er hat The Outlaws zusammen mit Elgin James (Lowriders, Mayans M.C.) kreiert und geschrieben, und führt gemeinsam mit John Butler (Handsome Devil, The Stag) Regie – eine Kombination, die fantastisch funktioniert, vor allem bei diesem Cast. So spielt z.B. der US-amerikanische A-Lister Christopher Walken eine Hauptrolle als ehemaliger Trickbetrüger, welcher nach einem jahrelangen Gefängnisaufenthalt versucht, sein Verhältnis zu seiner Tochter und seinen Enkel*innen zu kitten. Eine dritte Staffel der Serie ist bereits in Produktion – die erste finden Sie auf Deutsch bei Joyn und auf Englisch und Deutsch bei Prime Channels. Falls Sie witzige und dabei herzerwärmende Ensemblegeschichten wie Community, Café Minamdang und Misfits mögen, empfehle ich Ihnen diese tolle Serie von Herzen.

Bei Netflix können Sie alle drei bislang erschienenen Staffeln der US-amerikanischen Comedy-Dramaserie Loudermilk schauen. Der ehemalige Musikkritiker und trockene Alkoholiker Sam Loudermilk (Ron Livingston) ist mittlerweile als Berater für drogen- und alkoholkranke Menschen tätig. Loudermilk ist wegen seines Zynismus und seiner stets kritischen und mürrischen Aussagen sozial schwierig, gibt aber wirklich sein Bestes für die Mitglieder der von ihm geleiteten Gesprächsrunde von Suchtkranken. So kommt es auch dazu, dass die junge drogenabhängige Claire (Anja Savcic) beim schlechtgelaunten Protagonisten einzieht. Die Serie ist extrem witzig, macht aber auch keinen Halt vor den schwierigen Themen, die bei einer Thematik wie Sucht wichtiger und oft trauriger Bestandteil einer gelungenen Erzählung sind. Die Charaktere sind in ihrer Fehlbarkeit und ihren teils versteckt liegenden Unsicherheiten menschlich nachvollziehbar gezeichnet. So wird ein außerordentlich gelungenes Mittelmaß zwischen schwarzhumoriger Situationskomik und tiefer Empfindung wie Mitgefühl gefunden. Falls Sie Dramedies mit murrigem Humor wie Bojack Horseman und ehrliche Komödien über ernste Themen wie The Kominsky Method und Better Things mögen, sollte Sie auch diese tolle Serie mitnehmen.

Anneke Schewe