Kurz § Knapp

4. Juli 2025

  Gesetzgebung im (Schweins-)Galopp

Kurz § Knapp

Der Gesetzgeber will ein Zeichen für Veränderungen in diesem Land setzen und auch das Steuerrecht ist hier auf der Agenda. Mit dem sehr schnell gestrickten „Gesetzentwurf für ein steuerliches Investitionssofortprogramm“ gibt es ein paar sehr interessante Punkte für Unternehmen.

Zuallererst finden wir im Gesetzentwurf eine alte Bekannte wieder: die geometrisch-degressive Abschreibung mit einem Satz von 30 Prozent. Ja, das hatten wir die letzten 25 Jahre schon öfter einmal, im Prozentsatz rauf und runter, zeitlich befristet und unbefristet. Lange Zeit ist diese Regelung aber in der Ampel an der jetzigen Opposition gescheitert, da dort einige Politiker der Meinung waren, dass es ein Unding wäre, wenn Unternehmer große Investitionen bereits in knapp drei Jahren abschreiben könnten, während die Armen hungerten.

Hierzu die Klarstellung: 30-prozentige geometrisch-degressive Abschreibung bedeutet, dass die 30 Prozent immer auf den verbleibenden Restwert anzusetzen sind! Im Gegensatz dazu wird die lineare Abschreibung auf den Anschaffungswert berechnet. Von drei Jahren kann also gar nicht die Rede sein.

Leider soll die 30-prozentige geometrisch-degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter nur für die Jahre 2025, 2026 und 2027 gelten. Sozusagen als Druckmittel dafür, damit wir alle schnellstmöglich in den Standort Deutschland investieren. Das Ganze heißt dann auch noch liebevoll „Investitions-Booster“.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob Unternehmen, denen es finanziell gerade nicht so gut geht (und davon gibt es ja bekanntlich aktuell nicht wenige) und deren Planungshorizont länger als drei Jahre ist, bereit sind Kredite aufzunehmen, um Investitionen zu tätigen und von der degressiven Abschreibung zu profitieren – immerhin sollen sich die Investitionen auch irgendwann „bezahlt machen“. Denn ansonsten würde die degressive Abschreibung ja nur Unternehmen nützen, die finanziell gut aufgestellt sind und ob die ihre Investitions-Entscheidung von einer degressiven Abschreibung abhängig machen, ist fraglich.

Besser war da der Vorschlag der sogenannten Super-Abschreibung, bei dem die Abschreibung die Investition in das Wirtschaftsgut getragen hätte und gerade die schwächeren Unternehmen dadurch einen Schub erhalten hätten.

Bei einem weiteren Gesetzespunkt geht es um die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 15 auf zehn Prozent. Aber Achtung: schrittweise ab dem Jahr 2028 bis 2032.

Genauso bei der sogenannten Thesaurierungsbesteuerung von 28,25 auf 25 Prozent – schrittweise ab dem Jahr 2028 bis 2032.

Ich möchte mir doch die Frage erlauben, wieso jemand ganz schnell und mit viel Tamtam noch vor der Sommerpause ein Gesetz durchbringen will, bei dem zwei entscheidende Regelungen erst von 2028 bis 2032 greifen. Macht das Sinn? Investieren Unternehmen aus diesem Grund in den Standort Deutschland? Wer ist dann überhaupt an der Regierung? Immerhin heißt der Gesetzesentwurf doch „steuerliches Investitionssofortprogramm“!

Nun kommt aber das Beste! Die Anhebung des Bruttolistenpreises (BLP) für zwischen dem 1.7.2025 und dem 31.12.2027 angeschaffte Elektrofahrzeuge (im Entwurf steht nichts von „neu“ oder „gebraucht“ und auch nicht das Wort „Zulassung“) bei der Sonderregelung der Versteuerung des Privatanteils auf 100.000 Euro (vorher 70.000 Euro).
Dies bedeutet, dass bei der Einkommensteuer für die Privatnutzung eines Elektro-PKWs ohne Fahrtenbuch statt einem Prozent lediglich 0,25 Prozent des BLP versteuert werden müssen, wenn der BLP nicht mehr als 100.000 Euro beträgt. Für die Umsatzsteuer bleibt aber alles wie bisher bei einem Prozent – da hätte man nachbessern können.

Ebenfalls für ab dem 1.7.2025 angeschaffte Elektro-Fahrzeuge (diesmal auch über 100.000 Euro) kann eine besondere Abschreibung genutzt werden. Im Jahr der Anschaffung können 75 Prozent (!) der Anschaffungskosten abgesetzt werden. Im Folgejahr zehn Prozent. Danach zwei Jahre jeweils fünf Prozent, dann ein Jahr drei Prozent und im letzten Jahr zwei Prozent. Wenn das kein Knaller ist, oder?

Angenommen, wir kaufen einen Elektro-PKW für 95.200 Euro, dann erhalten wir erst einmal vom Finanzamt die Vorsteuer von 15.200 Euro zurück – es sei denn, wir sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt.
Nachfolgend schreiben wir im Anschaffungsjahr 75 Prozent (vom Nettowert) ab – das ergibt eine Minderung des zu versteuernden Einkommens um 60.000 Euro und dadurch bei 42 Prozent Grenzsteuersatz eine Einkommensteuerersparnis von 25.200 Euro (ohne Soli und Kirchensteuer). Rückfluss vom Finanzamt also für das Anschaffungsjahr: insgesamt 40.400 Euro.

Grundsätzlich ist der Gesetzesentwurf begrüßenswert, auch wenn die Regelungen teils verbesserungswürdig sind. Es fällt nur auf, dass es sich um sehr wenige und nur für Unternehmen nutzbare Regelungen handelt. Und vor allem soll teils verabschiedet werden, was erst in der Zukunft greift. Es scheint, als hätte man sich auf grundsätzliche Positionen der Koalitionspartner einigen müssen, um wenigstens irgendetwas noch vor der Sommerpause zu verabschieden. Es bleibt also spannend, ob und was da noch mehr kommen wird.

Sascha Spiegel