Heim Kino
Annekes (Ent-)Spannungstipps
Let’s go, Frühling! Draußen locken endlich das Wetter, der Balkon, die Alster und der Park. Dennoch: Falls mal wieder ein entspannter Couchabend anstehen sollte, finden Sie hier ein paar Streamingtipps fürs passende Serienvergnügen.
Mit Paradise hat Disney+ eine wirklich spannende Genremix-Serie ins Programm genommen, die elegant zwischen Politserie, Krimi, Thriller, Science-Fiction, Postapokalypse wandert. Auf die Gefahr hin, hier etwas zu viel vorwegzunehmen: Was als Untersuchung des Mordes am US-Präsidenten Cal Bradford (James Marsden) beginnt, entwickelt sich zu einer Reflexion über menschliche Werte und Würde vor dem Hintergrund eines apokalyptischen Ereignisses. Der brillante Sterling K. Brown spielt Xavier Collins, den leitenden Agenten des Sicherheitsteams des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Die Geschichte entfaltet sich wechselnd zwischen der Haupthandlung, die nach der Ermordung jenes Präsidenten spielt, und Rückblenden zu einigen Jahren zuvor, als Xavier dem Präsidenten das Leben rettet und von jenem immer mehr ins Vertrauen gezogen wird. Jedoch lernen wir bald, dass Xavier in der Gegenwart offensichtlich enttäuscht ist von dem Mann, an den er einst glaubte und sogar beinahe als Freund betrachtete. Alles scheint mit einem Ereignis zusammenzuhängen, das die Charaktere in der Gegenwart in eine unterirdische Stadt gebracht hat. Was hat der Präsident damals getan, sodass der integre Xavier nicht um ihn trauert? Und wer hat Cal ermordet? Fans von Severance, Salvation, Jericho, Under the Dome und Designated Survivor sollten sich diese komplexe, emotional dichte und aufregende Serie mit hervorragendem Cast unbedingt ebenfalls anschauen!
Kevin Can F Himself ist eine großartige schwarzhumorige Serie mit einem starken subversiven Twist, die bei Prime im Abo enthalten ist. Während die Serie zunächst wie jedwede 90er-Sitcom daherkommt, geht es hier eigentlich um schwerwiegende Themen wie Selbstaufgabe und -findung, düstere Lebensrealitäten abseits der Öffentlichkeit und vor allem häuslichen emotionalen Missbrauch. Allison (Annie Murphy, hier ganz anders aber nicht weniger großartig als in Schitt’s Creek) wirkt wie die typische Sitcom-Ehefrau, doch wenn der multi-Kamera-Stil und die Lachkonserve aufhören ist sie eine gebrochene Frau, die ihre Träume verloren hat und in unglücklicher Ehe mit ihrem extrem egozentrischen Ehemann Kevin lebt, der sie weder versteht noch sich wirklich für sie interessiert. Diese unterschiedlichen Perspektiven geben der Serie einen ungewöhnlichen erzählerischen und ästhetischen Stil, während sich Allisons Geschichte der versuchten Rückgewinnung ihrer eigenen Identität entfaltet. Kevin Can F Himself besticht mit ordentlich schwarzem Humor, tollen schauspielerischen Leistungen sowie komplexen Charakterisierungen und einer spannenden Geschichte. Vergleiche zu finden, die der Serie ähneln, ist gar nicht so leicht, aber wenn Sie schwarzhumorige Serien mit Anspruch und emotionalem Tiefgang wie Bojack Horseman, Flight Attendant, Fleabag oder Crazy Ex-Girlfriend mögen, dann wird Ihnen ganz sicher auch diese Serie zusagen.
Nach einigen ziemlich enttäuschenden NBA-Trades kam die amüsante, herzliche Serie Running Point gerade richtig auf Netflix an. Die Sportkomödie dreht sich um Isla Gordon (perfekt besetzt mit der charismatischen Kate Hudson), deren Familie ein fiktionales Äquivalent des Basketballteams LA Lakers besitzt. Das ehemalige Partygirl, das diesen Ruf nie wirklich losgeworden ist, arbeitet seit Jahren mit Herz und Kraft für den familiären Milliardenbetrieb im Bereich der Wohltätigkeit. Gleichzeitig versteht sie mehr von Basketball als die meisten. Als ihr ältester Bruder und Präsident des Vereins (Justin Theroux) wegen eines drogeninduzierten Unfalls in die Reha muss, setzt er –überraschend für ihre anderen beiden Brüder (absolut herrlich: Drew Tarver und Scott MacArthur), die ebenfalls fürs Familienunternehmen arbeiten— Isla als neue Präsidentin ein. Konfrontiert mit ordentlich Argwohn und Sexismus schafft Isla es dennoch, sich mit ihrem Idealismus, Wissen und Kreativität nach und nach Respekt von den Spielern, Kolleg*innen und auch ihren Brüdern zu verschaffen. Falls Ihnen der Sinn nach leichter und dabei letztlich herzerwärmender und positiv stimmender Unterhaltung ist und Sie Serien wie Ted Lasso, Ballers und Friday Night Lights mögen, schauen Sie mal bei Running Point vom Team Mindy Kaling, Ike Barinholtz, Elaine Ko und David Stassen rein!
Daredevil: Born Again ist sowohl Revival als auch Fortsetzung der spannenden Netflixserie Daredevil, die 2018 von der Streamingplattform abgesetzt wurde und auf dem gleichnamigen Charakter aus den Marvel-Comics basiert. Nun hat Disney+ die Produktion und weitere Ausstrahlung übernommen – und somit ist Daredevil zurück. Einige Jahre nach den Vorkommnissen der Originalserie hat der blinde Anwalt Matt Murdock (ohne Witz weiterhin eine der überzeugendsten schauspielerischen Leistungen im Marvel-Universum: Charlie Cox) seinen Alter Ego Daredevil abgelegt, hinter dessen Maske er jahrelang als Rächer die Menschen von Hell’s Kitchen, New York, beschützte. In einer früheren Staffel kämpfte er gegen den ‚Kingpin‘ Wilson Fisk (charismatisch, unberechenbar, furchteinflößend: Vincent D’Onofrio). Jener sehnt sich nach mehr Macht abseits der kriminellen Milieus und stellt sich in der neuen Staffel als Bürgermeister zur Wahl. Besonders die Actionsequenzen und die Treffen von Matt und Fisk sind überaus spannungsgeladen. Nachdem Disney+ wohl erst eine komödiantische Daredevil-Version anstrebte, bin ich persönlich ganz zufrieden, dass sie sich letztlich dagegen entschieden haben und stattdessen für zwei weitere Staffeln düstere Rachegeschichte über politische und polizeiliche Korruption, Rächer*innen, Superheld*innen und mehr mit allerhand bekannten Gesichtern und neuer, fortgesetzter Geschichte. Falls Sie düstere Comicverfilmungen wie Jessica Jones, die ersten drei Daredevil-Staffeln, The Boys, The Penguin und The Batman mögen, schauen Sie auch mal bei Daredevil: Born Again rein!
Anneke Schewe